18.7.2024
Lesezeit:
8 Minuten

Weitsichtigkeit

Tückische Fehlsichtigkeit, welche die refraktive Chirurgie an ihre Grenzen bringt

Dr. Valéry Vinzent Wittwer

Beim weitsichtigen Auge ist die Länge des Augapfels im Verhältnis zu den brechenden Medien zu kurz, die Lichtstrahlen, die ins Auge fallen werden also zu wenig stark gebrochen und bilden einen Fokus der theoretisch hinter der Netzhaut liegen würde. Das Bild auf der Netzhaut ist folglich verschwommen.

1. Nähe
2. mittlere oder PC-Distanz
3. Ferne
4. Fokus hinter der Netzhaut

Brillengläser zur Korrektur von Weitsichtigkeit werden Sammellinsen (Plusgläser) genannt.
Das Brillenrezept eines Weitsichtigen könnte wie folgt aussehen:

  • rechtes Auge: Sphäre +3.5 dpt
  • Linkes Auge: Sphäre +4.0 dpt

Was bedeutet "versteckte Weitsichtigkeit"?

Kinder können in der Regel bis im jungen Erwachsenenalter die Weitsichtigkeit mit Akkommodation kompensieren. Dabei wird der Ziliarmuskel im Auge angespannt, die Linse wird dicker und die Brechung der Lichtstrahlen wird stärker, man spricht von "versteckter Weitsichtigkeit".
Die Elastizität der Linse, also die Fähigkeit zu Akkommodieren nimmt schon ab dem Schulalter langsam ab, bis sie mit ungefähr Fünfzig ein Minimum erreicht hat. Je nach stärke der Weitsichtigkeit reicht die Akkommodation früher oder erst später im Leben nicht mehr aus um die Fehlsichtigkeit zu kompensieren und eine Brille wird notwendig.

Was sind asthenopische Beschwerden?

Menschen mit versteckter Weitsichtigkeit klagen ab einem gewissen Alter häufig über Kopfschmerzen oder sogar Schwindel und Übelkeit beim Lesen oder Naharbeit, diese Beschwerden werden asthenopische Beschwerden genannt. Sie werden dadurch ausgelöst, dass die Augen ständig Akkommodieren müssen, respektive der Ziiarmuskel ständig angespannt ist. Eine Entlastungsbrille kann hier helfen, dass das Sehen besonders auf kurze Distanz wieder entspannter wird. Später im Leben kann auch eine Brille für die Ferne nötig werden.​

Was wird unter Zykloplegie verstanden und weshalb ist diese Untersuchung in manchen Fallen so wichtig?

Bei der Zykloplegie wird der Ziiarmuskel durch spezielle Augentropfen (Cyclopentolat) gelähmt. Erst dann wird ein entspannter Zustand im Auge erreicht und das wahre Ausmass des Sehfehlers ist messbar.

Mit welchen Nebenwirkungen muss nach Zykloplegie gerechnet werden?

Die Pupille wird durch die Cyclopentolat-haltigen Augentropfen erweitert, was zu Blendung führen kann. Die Akkommodation wird gelähmt, was verursacht, dass nahe Gegenstände verschwommen wahrgenommen werden. Diese Effekte klingen in der Regel nach bis zu vier Stunden ab, können aber auch bis zu 24 Stunden anhalten. Vor allem bei Kindern können systemische "toxische" Nebenwirkungen auftreten, die in der Regel nach wenigen Stunden wieder abflachen.

Wie wird eine Entlastungsbrille angepasst?

Die Anpassung einer Entlastungsbrille ist meist nicht ganz einfach, da Patientinnen und Patienten sich über Jahre daran gewöhnt haben den Sehfehler mit Anstrengung zu korrigieren. Würde der Sehfehler, der in Zykloplegie gemessen wurde von Anfang an vollständig auskorrigiert (z.B. Sphäre+2.5), würde es zu Unwohlsein kommen und die Brille würde entsprechend nicht konsequent getragen werden. Aus diesem Grund ist es sinnvoller mit der Entlastungsbrille erstmal nur einen Teil der versteckten Weitsichtigkeit (b.B.Sphäre +1.25) zu korrigieren und diese dann später durch eine stärkere Korrektur zu ersetzten.

Kann Weitsichtigkeit chirurgisch Behandelt werden?

Weitsichtigkeit kann mittels Augenlaser bis maximal +4 dpt korrigiert werden. Bei grösserer Weitsichtigkeit kann eine PIOL (phake Intraokularlinse) eingesetzt werden. Da weitsichtige Augen in der Regel kleiner als Normal- oder Kurzsichtige sind, ist jedoch häufig nicht genügend Platz vorhanden um neben der natürlichen eine künstliche Linse zu implantieren. In diesen Fällen kann ein refraktiver Linsentausch erwogen werden. Dabei wird die natürlich Linse durch eine Kunstlinse ersetzt, ähnlich wie bei einer herkömmlichen Kataraktoperation.
Wichtig ist, dass eine versteckte Weitsichtigkeit vor einem Eingriff entdeckt und deren Ausmass genau vermessen wird.

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